rätselhafte Zeitverschiebung

He, ihr da draußen in der Kälte, wenn ihr einen Moment Zeit findet, dann hebt ihn auf und lest die Zeitung vom nächsten Donnerstag!

Am Donnerstagmorgen wird in den Berliner Zeitungen gestanden haben:

Rätselhafte Zeitverschiebung bringt das Alexa in der Mitte Berlins zum Tanzen.

Aus bisher ungeklärter Ursache löste eine seltsame Schwingung in den Drähten der Weltzeituhr am Alexanderplatz am frühen Mittwochabend eine fünfstündige Zeitverschiebung aller Uhren im Umkreis von vier Oktavsprüngen und drei Rumbaschritten aus.

Augenzeugen berichteten:

Mit Einbruch der Dämmerung leerte sich plötzlich das riesige Einkaufszentrum, obwohl es in London (laut Weltzeituhr und Big Ben) noch 16 Uhr war. Die Kundschaft des Alexa strömte kopfschüttelnd in die U- und S-Bahnen, sie hätten alle längst zu Hause sein können bei ihren Familien, Freundschaften und Haustieren, in ihren Sport- oder Proberäumen, im Kino, im Café, im Chorkonzert, im Zug, der sie in den Urlaub fuhr, in den Armen ihrer liebsten Menschen oder am gemeinsamen Abendbrotstisch derselben, auf der Couch mit einem schönen Buch oder unter einem Herbstbaum. Nun beeilten sie sich, dort hin zu kommen…

Die Uhren zeigten seit einer halben Stunde den Feierabend für die Belegschaft des Alexa an, ohne dass es jemand bemerkt hatte. Nur zwei Tänzerinnen, die sich dort eingefunden hatten, wunderten sich nicht, sie hatten schon etwas Derartiges geahnt und vorsorglich ihre Positionen eingenommen… Als es im Alexa dunkel wurde, weil der Wachschutz (nachdem die letzte Kundin mit ihrem Kunden verschwunden war) die Beleuchtung ausgeschaltet hatte und nur noch ein kleines romantisches Glitzern von der sich wild drehenden Diskokugel des Fernsehturms und der Strahl einer alten aus Urzeiten hinterbliebenen roten Laterne durch ein Fenster fiel, schwebten plötzlich zwei akustische Gestalten die Rolltreppen hinunter. Es war so still und leer im Alexa, dass der Aufprall der Perlen, die sie vor die Einkaufsregale warfen, in vielfältigen Echos von den Wänden widerhallten.

Eine wunderschöne gefühlvolle Stimme, die sich erst leise und dann kraftvoll auf die hüpfenden Echoperlen legte, war plötzlich aus allen Lautsprechern deutlich zu vernehmen. Sie galt den Ladys, die unerwartet inmitten einer privaten Sphäre und eines geräumigen Parkettes standen und mit ihren Bewegungen begannen. Die hüpfenden Perlen und die schöne Stimme waren nun von ihren Rolltreppen herab gestiegen und hatten auf dem Tresen einer stillstehenden Kasse Platz genommen, um besser sehen zu können, mit welchem Zauber sich das Alexa gleich füllen würde.

Die Ladys begannen, schritten hierhin und dorthin und dorthin und hierhin, wirbelten am Rande des Parkettes zwischen den staunenden Regalen umher (denn sie liebten die Herausforderung) und machten allerlei gute Figuren, hielten sich bei den Händen und an den Schultern, rutschten ein bisschen auf ein paar unrhythmischen Perlen aus und fingen sich dann wieder gegenseitig auf. Sie kamen gar nicht außer Puste und wollten immerzu neue Sachen ausprobieren. Da schnallte sich die schöne Stimme Schlittschuhe unter die Füße, die sie in weiten Schwingungsbögen kraftvoll durch das Alexa trugen. Der Inhaber dieser Stimme glitt nur so dahin und seine Schlittschuhe hatten große Lust schneller zu werden. Er drehte sich und drehte sich und sang dabei überrascht: Dit is ja the story of my life, die Schlittschuhe drehten sich mit ihm und trugen ihn immer schneller um die Ladys herum, die derweil überlegten, ob sie einen Taktwechsel wagen sollten. Die ganze Combo ließ sich nach reichlich Umdrehungen fallen und stellte fest, dass sich nun das Alexa um sich selbst drehte, sie hatten es zum tanzen gebracht. Die Schuhe kippten mit den Latschen aus den Regalen und stolperten lustig in ihrem eigenen Rhythmus um die Abteilung mit den CD-Playern herum, besonders der Player mit der Klaviermelodei eiei ei war schwer zu synchronisieren, weil einfach nicht vorher zu ahnen war, wann der Takt mit der ei ns kam, aber was machte das schon an einem so schönen day in the life of a fool…

… sagten sich auch die Leute, die am Donnerstagmorgen die Zeitung aufgeschlagen hatten, um sich zu erkundigen, was ihnen da am Mittwochabend die fünf arbeitsfreien Stunden beschert hatte…

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